Sonntag, 25. August 2013

"ein untier kommt selten allein"




(c) sigurt funk, "für ulrich horstmann", rohrfeder und acryl auf papier, 28 x 39 cm, 2013
...die beiden Zeichnungen haben an anderer Stelle eine angeregte Diskussion entfacht, was mich freut, einmal deswegen, weil man daraus schließen kann, dass  die Arbeiten ernsthaft betrachtet wurden, aber vor allem deswegen, weil die Diskussion wieder einmal deutlich zeigte, wie schwierig es ist, die bildnerische Ausdrucksform durch eine sprachliche " adäquat abzubilden"
....eines der Probleme in Diskussionen ergibt sich notwendig durch die Verwendung des Wortes "Spannung" und ähnlich mehrdeutiger Begriffe.
Ich glaube nicht, dass Einigkeit darüber herrscht, was mit diesem Begriff in Zusammenhang mit bildnerischem Ausdruck gemeint ist. Klar ist, was "Spannung" im Zusammenhang mit Elektrizität bedeutet und beim Bogenschießen, wenn man von der Spannung des Bogens spricht; wann und ob ein Bild "Spannung" hat oder überhaupt "Spannung" haben muss, ist nicht allgemeingültig definierbar.
Das ist der Grund, warum ich Ausdrücke dieser Art im Zusammenhang mit "künstlerischer Gestaltung" zu verwenden ablehne, weil sie alles und damit nichts aussagen. Wenn man  Begriffe, die man also je nach Belieben inhaltlich aufladen kann, zusätzlich noch mit weiteren ungeklärten Termini: "Unterhaltung" kombiniert (vs. "ernsthaft", was in der Musik bekanntlich auch zu wenig führt), kann man zwar sehr gut "heiße Luft" produzieren, vor allem dann, wenn man auch noch das Modewort der Postmoderne "Prozesse" involviert, aber wirklich weiter bringt es einen in Bezug auf ein "Verständnis" nicht. (Wenn man in einem Medium ein paar "Bildchen" postet, ist damit noch lange kein "Arbeitsprozess", geschweige denn eine "Entwicklungsprozess" dokumentiert!) So einfach ist es halt doch nicht.

Die meines Erachtens wichtigere Frage, als die nach der "Spannung", sollte eher dahingehend gestellt werden, ob ein  "Werk" in irgendeiner Form dazu geeignet ist, etwas über die "inneren" oder "äußeren Wirklichkeiten" (über Erfahrungen, Empfindungen, über das herrschende Weltbild, die geistigen Probleme unserer Zeit usw.) auszudrücken, bzw. ob es etwas von dem widerspiegelt, was der  Betrachter von der Welt zu erkennen glaubt und wenn das Werk das dann auch noch auf eine "künstlerische" (nicht alltägliche) Weise tut, na ja dann wäre etwas gewonnen.

 Das wäre ein Zugang zu einer Form "offenen Betrachtens", den zu respektieren mir leicht fiele. "Spannung" hin, "Spannung" her....

(c) sigurt funk, "ein untier kommt selten allein", rohrfeder auf papier und acryl, 28 x 39 cm, 2013


"Für eine bestimmte Gesellschaftsformation hängt die Lesbarkeit eines Kunstwerkes davon ab, wie groß der Unterschied ist zwischen dem für das jeweilige Kunstwerk erforderlichen Code und dem verfügbaren künstlerischen Code; für den einzelnen Menschen davon, wie groß der Unterschied ist zwischen dem für das Werk erforderlichen Code und der individuellen Kompetenz, die dadurch definiert wird, wie gut er den gesellschaftlichen Code, der selbst wiederum mehr oder weniger angemessen sein kann, beherrscht."
 
(Es gibt keinen ein für allemal gültigen Code, den man nur anzuwenden bräuchte, damit ein Kunstwerk seinen gesamten, vollkommenen Sinn enthüllt. Je nach Tiefe und Komplexität des zum Einsatz kommenden Codes gibt das Kunstwerk eine jeweils unterschiedliche Information preis.)
 
Pierre Bourdieu, Kunst und Kultur, Kunst und künstlerisches Feld, Schriften zur Kultursoziologie 4, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2011, S. 143 u. Fußnote 36


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