Sonntag, 14. Juli 2013

Früher einmal, in der "guten alten Zeit"


Viele Menschen neigen genau wie ich dazu,  alten Dingen allein ihres Alters wegen einen besonderen Stellenwert zuzugestehen.
Wer jemals die Begeisterung in den Augen von Trödelmarktbesuchern beim Betrachten alter Gerätschaften aufblitzen sah, wird der Behauptung zustimmen müssen, dass "Altes" einen ganz besonderen Reiz hat.

Die Hochschätzung, die Idealisierung vergangener Zeiten ist allerdings kein neues Phänomen. Die Menschheit entwickle sich unaufhaltsam - so lautet die Befürchtung-  von einem „Goldenen Zeitalter“ weg immer "schlechteren Zeiten" entgegen. Der griechische Dichter Hesiod dürfte einer der ersten gewesen sein, der diese Vorstellung beschrieb. Aber auch die Erzählungen über den Garten Eden, die Vertreibung aus dem Paradies u.v.a.m. wirken offensichtlich in uns nach und befördern unsere Sehnsucht nach dem Alten und nach dem Vergangenen.

Auch der  Aufschwung der Archäologie tat das Seine und brachte neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Geschichte der Menschheit auch eine populär-romantisierende  Art der Betrachtung vergangener Perioden hervor; die   unscheinbarsten, wertlosesten Dinge werden seitdem allein durch ihr Alter "geadelt". So erscheinen uns alte, freigelegte, ehemals hinter Putzresten verborgene Malereien nicht nur ihres Informationswertes vergangene Zeiten betreffend, sondern besonders  wegen ihres Alters  wertvoll.
Die Sehnsucht Vergangenes zu idealisieren steckt in uns allen. Früher, so hört man immer wieder, sei alles besser gewesen: die Jugend, die Zustände und .......

Es ist aber auch nicht zu leugnen, dass tatsächlich ein  unglaublicher Reiz von allem ausgeht, das unfertig erscheint oder teilweise bereits zerstört wurde. Das "Auge" wünscht sich  - offensichtlich nicht nur bei Liebenden - nichts sehnlicher, als in seinem Sinne ergänzen zu dürfen.
Es gibt keinen historischen  "Stillstand", alles vergeht und aus dem Vergangenen entsteht wieder etwas Neues. Dies gilt auch für die Malerei! Ein einmal geschaffenes Werk, sollte nicht weiter bearbeitet werden dürfen? Vielleicht deswegen, weil es "perfekt" ist?

Die Prozesse der Vergänglichkeit von Kunstwerken werden künstlich gestoppt,  man versucht - mit großem Erfolg - den natürlichen "Lebenszyklus" von Kunstwerken durch allerhand konservatorische Kunstfertigkeit ad libidum zu verlängern. Manche der wertvollen Sammlungsstücke berühmter Museen werden schon lange nicht mehr gezeigt, weil ihnen das Licht schaden könnte. So werden sie ganz entgegen ihrer eigentlichen Bestimmung  - in Kommunikation mit dem Betrachter zu treten - ihrer Aufgabe entzogen.

Auch Kunstwerke müssen, wie alles auf der Welt,  einmal zugrundegehen dürfen. Sie auf "ewig" bewahren zu wollen, ist gegen ihre Natur!
Der Faktor "Vergänglichkeit" kann der Musik gleich zu einem wesentlichem Bestandteil des Wertvollen werden.

(c) sigurt funk, "früher war's schöner", Acryl auf Leinen, 51 x 63,5 cm 2013

Mit den Gesetzen des "Kunstmarktes" bzw. damit, dass  Kunst als Anlage-  und Spekulationsobjekt missbraucht wird oder  mit der Vorstellung  Kunst als Objekt der Gewinnmaximierung zu verwenden, verträgt sich  die Forderung nach einer "vergänglichen Kunst" allerdings nicht besonders gut. 
 



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen