„Freud erblickte in der Kunst, so wie in der Neurose,
ein Misslingen der Anpassung an die Realität. Der Künstler entfremdet sich der
Welt, meint er, infolge der Unfähigkeit, seine asozialen Triebe zu beherrschen,
und schafft sich in der irrealen Sphäre der Kunst eine Entschädigung für den
Platz, den er in der Gesellschaft vermisst. Er führt ein ebenso
realitätsfremdes Dasein wie der Neurotiker im abgesonderten Bezirk seiner
Krankheit. [...] Nur gestand Freud dem Künstler zum Unterschied vom Neurotiker wie vom Geisteskranken, soviel zu, dass er die "Rückkehr zur Natur" stets anzutreten vermag, das heißt, keinem starren Illusionismus verfällt, sondern trotz seiner Entfremdung von der Wirklichkeit eine gewisse Biegsamkeit des Geistes bewahrt, die ihm erlaubt, den eingenommen Abstand von den Tatsachen zu ändern, die Beziehung zu ihnen zu lockern oder anzuspannen und den unmittelbaren Kontakt mit ihnen wieder aufzunehmen."
Zit. nach
Arnold Hauser, Soziologie der
Kunst, C.H.Beck, München, 3.Auflage, 1988, S.14